August 2024 Blog

Organhaftung: Interne Zuständigkeitsregelungen beschränken Haftungsrisiko

Die Erbringung von Bankgeschäften (oder Finanzdienstleistungen) ohne die notwendige aufsichtsrechtliche Erlaubnis kann zur Strafbarkeit und Haftung der Organe der handelnden Gesellschaft führen, sofern ein Verschulden gegeben ist. Interne Zuständigkeitsregelungen innerhalb der Geschäftsleitung des handelnden Unternehmens können allerdings zu einer Beschränkung der straf- und haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit führen.

Strafbarkeits- und Haftungsrisiko

Der BGH hat in einem aktuellen Urteil (erneut) dargelegt, dass die Erbringung von Bankgeschäften ohne die nach § 32 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) erforderliche Erlaubnis zur Strafbarkeit der Organe der handelnden Gesellschaft gem. § 54 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, Abs. 2 KWG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) führen kann. Aufgrund der Schutzgesetzeigenschaft des § 32 Abs. 1 KWG begründet eine solche Handlung zugleich die Möglichkeit einer Haftung der Organe der Gesellschaft gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 KWG. Voraussetzung ist aber stets ein gesondert festzustellendes Verschulden gem. § 276 BGB des Organs. Allein die objektive Organstellung ist nicht hinreichend, um eine Haftung zu begründen, wie der BGH bereits in seinem Urteil vom 9.11.2023, Az. III ZR 105/22 betont hat (vgl. Newsletter aus Februar 2024). 

Mit seinem aktuellen Urteil bestätigt der BGH die bisherige Rechtsprechung zum Schutzgesetzcharakter von § 32 Abs. 1 KWG und den Konsequenzen eines Verstoßes gegen diese Vorschrift. Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der einhelligen Ansicht in der einschlägigen Literatur. 

Anwendung findet diese Rechtsprechung nicht nur auf die verbotswidrige Erbringung von Bankgeschäften gem. § 1 Abs. 1 KWG. Ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 KWG liegt auch dann vor, wenn unerlaubt Finanzdienstleistungen gem. § 1 Abs. 1a KWG, etwa eine Anlageberatung oder -vermittlung, erbracht werden.

Zu ergänzen ist im Hinblick auf die Vielzahl von kleineren Wertpapierunternehmen, dass diese Rechtsprechung des BGH auf die neue Vorschrift des § 15 Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG), die für nicht von § 32 KWG erfasste Institute gilt, zu übertragen ist. Nach § 15 WpIG bedürfen Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen im Sinne des WpIG betreiben, ohne die in § 32 Abs. 1 KWG definierte Schwelle zu überschreiten, einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Auch § 15 WpIG ist nach einhelliger Ansicht ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Folge ist, dass ein Verstoß gegen § 15 WpIG, beispielsweise wegen einer unerlaubten Anlageberatung oder -vermittlung, für die Geschäftsführung dieselben straf- und haftungsrechtlichen Konsequenzen zeitigt wie ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 KWG. 

Haftungsreduktion durch Geschäftsverteilung/Zuständigkeitsregelung

In seinem Urteil hat der BGH des Weiteren (erneut) darauf hingewiesen, dass eine interne Zuständigkeitsregelung innerhalb der Geschäftsleitung einer juristischen Person zwar nicht zu einer Aufhebung, wohl aber zu einer Beschränkung der straf- und haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit führt. 

Der BGH führt insoweit aus, dass auch im Finanzsektor eine Delegation von Aufgaben und damit eine Übertragung von Verantwortung rechtlich zulässig ist. Folge ist, dass durch eine derartige Aufteilung der Geschäfte die Verantwortlichkeit des nicht betroffenen Geschäftsführers nach innen und außen beschränkt wird. Der BGH weist insoweit explizit darauf hin, dass sich der nicht zuständige Geschäftsführer im Allgemeinen darauf verlassen kann, dass der zuständige Geschäftsführer die ihm zugewiesenen Aufgaben erledigt. Daher, so der BGH, verbleiben für den nicht zuständigen Geschäftsführer lediglich Überwachungspflichten. Diese müssen ihn allerdings erst dann zum Eingreifen veranlassen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch den zuständigen Geschäftsführer nicht mehr gewährleistet ist. 

Damit bestätigt der BGH einmal mehr, dass eine (wirksame) Geschäfts- bzw. Zuständigkeitsverteilungsreglung innerhalb der Geschäftsführung eines Unternehmens ein geeignetes Mittel zur Reduzierung des Haftungsrisikos von Organen ist. Die Mitglieder eines mehrköpfigen Geschäftsführungsorgans eines Unternehmens sind daher gut beraten, darauf zu achten, dass eine solche Geschäfts- bzw. Zuständigkeitsverteilung besteht und diese wirksam vereinbart wurde.

(BGH, Urteil vom 14.3.2024 – III ZR 133/22) 

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