Update Wasserstoff 06/2024

++ BImSchG-Novelle: Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure

++ Wasserstoff-Kernnetz: erneute Verlängerung der Antragsfrist

++ Bundesnetzagentur hat Festlegung der für das Wasserstoff-Kernnetz zu erhebenden Netzentgelte beschlossen 

BImSchG-Novelle: Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure

Der Gesetzgeber möchte die Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure im Rahmen der Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) beschleunigen. Zu diesem Zweck soll unter anderem das Antragsverfahren digitalisiert, die Behördenbeteiligung gestrafft und auf den Erörterungstermin in der Regel verzichtet werden.

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Wasserstoff-Kernnetz: erneute Verlängerung der Antragsfrist 

Die Bundesnetzagentur hat die Frist zur Einreichung des Antrags zum Wasserstoff-Kernnetz auf den 22. Juli 2024 verlängert. Grund hierfür ist der Umstand, dass die erforderliche beihilferechtliche Genehmigung nicht rechtzeitig vorlag.

Rechtlicher Hintergrund

Gemäß § 28q Abs. 2 Satz 1 EnWG hätten die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) der Bundesnetzagentur grundsätzlich drei Kalenderwochen nach dem 29. Dezember 2023 einen gemeinsamen Antrag für das Wasserstoff-Kernnetz zur Genehmigung vorlegen müssen. In § 28q Abs. 2 Satz 2 EnWG ist vorgesehen, dass die Bundesnetzagentur die Antragsfrist um höchstens vier Kalendermonate verlängern kann. Für die vorgesehene staatliche Förderung der Errichtung des Wasserstoff-Kernnetzes ist eine beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission erforderlich. Für den Fall, dass diese spätestens eine Woche vor Ablauf der Antragsfrist nicht vorliegt, bestimmt § 28q Abs. 2 Satz 3 EnWG, dass die Bundesnetzagentur die Antragsfrist erneut um jeweils einen weiteren Monat zu verlängern hat. 

Wiederholte Verlängerung der Antragsfrist

Bereits am 12. Juli 2023 veröffentlichten die FNB einen Planungsstand zum Wasserstoff-Kernnetz und gaben den Betreibern von Leitungsinfrastrukturen die Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz räumte überdies Ländern, Verbänden und weiteren Stakeholdern die Möglichkeit zur Stellung ein. Am 15. November 2023 legten die FNB der Bundesnetzagentur sodann den Entwurf eines Antrags für das Wasserstoff-Kernnetz vor. Der Entwurf wurde bis zum 8. Januar 2024 konsultiert. Die eigentliche Antragsfrist wurde durch die Bundesnetzagentur auf Antrag der FNB um die gesetzlich zulässigen vier Kalendermonate auf den 21. Mai 2024 verlängert. Da die beihilferechtliche Genehmigung eine Woche vor Ablauf dieser Frist noch nicht vorlag, kam es zu einer nochmaligen Fristverlängerung bis zum 21. Juni 2024.

Eine Woche vor Ablauf der verlängerten Frist lag die beihilferechtliche Genehmigung immer noch nicht vor. Aus diesem Grund hat die Bundesnetzagentur die Frist zur Einreichung des Antrags erneut verlängert, und zwar bis zum 22. Juli 2024.

Erteilung der beihilferechtlichen Genehmigung und weiteres Verfahren

Am 21. Juni 2024 hat die Europäische Kommission nunmehr die erforderliche beihilferechtliche Genehmigung für die Förderung des Wasserstoff-Kernnetzes erteilt. Damit dürfte der Antragseinreichung nichts mehr im Wege stehen. Mit einer Einreichung des Antrags ist nun bis spätestens zum Ablauf der am 22. Juli 2024 endenden Frist zu rechnen. Mit dem Eingang des vollständigen Antrags durch die FNB beginnt das formelle Verfahren für die Errichtung des Wasserstoff-Kernnetzes. Im Rahmen dieses Verfahrens wird erneut die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Bundesnetzagentur hat allerdings bereits darauf hingewiesen, dass die Frist zur Stellungnahme angesichts der engen gesetzlichen Fristen für die Erteilung der Genehmigung und der Tatsache, dass bereits die Möglichkeit zur Stellungnahme eröffnet wurde, deutlich kürzer ausfallen werde.

Saskia Soravia

 


Bundesnetzagentur hat Festlegung der für das Wasserstoff-Kernnetz zu erhebenden Netzentgelte beschlossen

Nach Abschluss der Konsultation (siehe hierzu Ausgabe 02/2024 des GvW H2-Newsletters) hat die Große Beschlusskammer der Bundesnetzagentur am 6. Juni 2024 die „Festlegung von Bestimmungen zur Bildung der für den Zugang zum Wasserstoff-Kernnetz zu erhebenden Netzentgelte und zur Errichtung eines für eine gewisse Dauer wirksamen Amortisationsmechanismus (WANDA)“ beschlossen. Damit steht der Rahmen der Netzentgeltbildung für das Wasserstoff-Kernnetz nunmehr weitgehend fest.

Hintergrund

§ 28o Abs. 1 EnWG regelt die Grundsätze der Netzentgeltbildung für Wasserstoffnetze, flankiert durch Verordnungsermächtigungen der Bundesregierung in Abs. 2 und das Recht der Bundesnetzagentur in Abs. 3, ihrerseits durch Festlegung oder Genehmigung Regelungen zu den in Abs. 2 aufgeführten Bereichen zu treffen. § 28r EnWG enthält weitere, speziell auf das Wasserstoff-Kernnetz nach § 28q EnWG bezogene Regelungen für die Netzentgeltbildung. Hierzu gehört insbesondere ein intertemporaler Kostenallokationsmechanismus für die Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes bis (spätestens) 31. Dezember 2055, den die Bundesnetzagentur durch Festlegung vorzugeben hat (§ 28r Abs. 1 Satz 2 EnWG).

Auf dieser Basis hat die Bundesnetzagentur mit WANDA vorgegeben, wie die Netzentgelte für das Wasserstoff-Kernnetz im Allgemeinen und im Besonderen – nämlich während der sogenannten Amortisationsphase unter Geltung des intertemporalen Kostenallokationsmechanismus – zu bilden sind.

Wesentliche Inhalte von WANDA

1. Keine umfassende Regelung für Wasserstoffnetze

WANDA beschränkt sich auf die Regelung der Netzentgeltbildung für das Wasserstoff-Kernnetz; nicht erfasst sind somit sonstige Wasserstoffnetze, auch wenn sie ebenfalls von einem Kernnetzbetreiber betrieben werden. Die Bundesnetzagentur hat zwar aus der Konsultation mitgenommen, dass sich viele Marktteilnehmer gleichermaßen für die sonstigen Wasserstoffnetze regulatorische Klarheit wünschen. Da aber das Wasserstoff-Kernnetz vordringlich ist, hat die Bundesnetzagentur von „umfassenden“ Regulierungsvorgaben abgesehen, zumal die Diskussion über die Regulierung der sonstigen Wasserstoffnetze noch nicht abgeschlossen ist und mit den §§ 28j ff. EnWG hier bereits (freiwillige) Vorgaben bestehen.

2. Bepreiste Leistung

Wie bei den Erdgasnetzen bezieht sich das Netzentgelt auf die Bereitstellung von Ein- und Ausspeisekapazität, da bereits dies die zu finanzierenden Kosten entstehen lässt. Für Systemdienstleistungen, die mit dem Wasserstofftransport verbunden sind, werden keine separaten Entgelte erhoben. Berechnet wird das Netzentgelt in €/kWh/h/a.

WANDA sieht als Standard- und derzeit einziges Produkt die nicht unterbrechbare Jahreskapazität vor. Die Bundesnetzagentur will andere Produkte nicht ausschließen. Die Frage der Produktvariationen ist jedoch noch nicht endgültig geklärt und steht auch in Wechselwirkung mit der ebenfalls zu erlassenden Festlegung der Zugangsbedingungen zum Wasserstoff-Kernnetz. Um die Festlegung der Netzentgelte für das Wasserstoff-Kernnetz nicht hinausschieben zu müssen, hat sich die Bundesnetzgeber deshalb entschlossen, die Produktvariationen in einer Ergänzungsfestlegung zu regeln, die „rechtzeitig vor Inbetriebnahme der ersten Bestandteile des Wasserstoff-Kernnetzes in Kraft treten“ soll.

Auch bei der Buchung von Ein- und Ausspeisekapazität bei unterschiedlichen Kernnetzbetreibern ist nur ein Ein- und ein Ausspeiseentgelt zu entrichten. Hintergrund hierfür ist insbesondere die Erfahrung aus dem Bereich der Erdgasfernleitungsnetze, dass bei komplexeren Marktgebieten eine exakte Kostenzuordnung praktisch nicht möglich ist.

3. Einheitliches distanzunabhängiges Netzentgelt

Den „Grundfall“ bildet ein einheitliches distanzunabhängiges Entgelt für das Wasserstoff-Kernnetz, das aus den betriebsnotwendigen Netzkosten und den zu erwartenden Kapazitätsbuchungen zu bilden ist. Für die betriebsnotwendigen Netzkosten sind die nach § 14 Abs. 2 WasserstoffNEV genehmigten Plankosten heranzuziehen; Fehlprognosen werden über den Plan-Ist-Kosten-Abgleich nach § 14 Abs. 1 WasserstoffNEV ausgeglichen.

Das Netzentgelt müssen die Kernnetzbetreiber spätestens am 1. November des jeweiligen Vorjahres veröffentlichen. Dieser relativ späte Veröffentlichungszeitpunkt resultiert daraus, dass die Kostengenehmigungen erst am 30. September vorliegen werden und die Kernnetzbetreiber sodann noch ausreichend Zeit für die Bildung des Netzentgelts haben müssen.

4. Intertemporaler Kostenallokationsmechanismus

Modifiziert wird der „Grundfall“ während der Amortisationsphase durch den intertemporalen Kostenallokationsmechanismus. Die Amortisationsphase beginnt am 1. Januar 2025 und beschreibt den Zeitraum, in dem signifikante Kosten für den Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes anfänglich wenigen Netznutzern gegenüberstehen. Diese Konstellation würde zu einem äußerst hohen, prohibitiv wirkenden Netzentgelt führen.

Um dies zu verhindern wird die Bundesnetzagentur – in einer gesonderten Festlegung – ein Hochlaufentgelt festlegen, das zunächst nicht die betriebsnotwendigen Netzkosten widerspiegelt. Die Differenz zwischen dem Hochlaufentgelt und ihren betriebsnotwendigen Kosten erhalten die Kernnetzbetreiber über ein Amortisationskonto erstattet. Mit zunehmender Anzahl von Netznutzern soll das Hochlaufentgelt dann kostendeckend und später kostenübersteigend werden. Da die Kernnetzbetreiber ihre Überschüsse aus dem Hochlaufentgelt ebenso auf dem Amortisationskonto verbuchen müssen, soll dieses bis (spätestens) 31. Dezember 2055 wieder ausgeglichen sein und die Amortisationsphase enden. Das Hochlaufentgelt ist daher so zu bemessen, dass es einerseits nicht zu hoch ist, andererseits aber geeignet ist, bis (spätestens) 31. Dezember 2055 zu einem Ausgleich des Amortisationskontos zu führen. Das Hochlaufentgelt soll über die Amortisationsphase hinweg grundsätzlich unverändert bleiben und nur mit dem Verbraucherpreisgesamtindex jährlich indexiert werden. Unabhängig davon muss die Bundesnetzagentur das Hochlaufentgelt nach § 28r Abs. 5 Satz 1 EnWG aber erstmalig zum 1. Januar 2028 und sodann alle drei Jahre einer Überprüfung unterziehen.

Neben dem Amortisationskonto richtet die Bundesnetzagentur ein – mit dem Regulierungskonto ansatzweise vergleichbares – intertemporales Kostenallokationskonto ein. Beide Konten sollen sich betragsmäßig grundsätzlich in einem Gleichlauf befinden. Die Notwendigkeit des intertemporalen Kostenallokationskontos sieht die Bundesnetzagentur in dem Umstand, dass das Amortisationskonto den staatlichen Fördermechanismus abbildet, sich aber außerhalb des regulatorischen Systems befindet. Das intertemporale Kostenallokationskonto hat die Funktion, die Beträge, welche die Kernnetzbetreiber als Effekt des Hochlaufentgelts erst verzögert von den Netznutzern vereinnahmen dürfen, regulatorisch abzubilden.

Die Beträge auf dem intertemporalen Kostenallokationskonto werden nicht verzinst. Die Bundesnetzagentur sieht hierfür keine Notwendigkeit, da die Kernnetzbetreiber einen Teil ihrer betriebsnotwendigen Kosten zwar erst verzögert von den Netznutzern vereinnahmen können, diese Differenz jedoch jeweils zeitnah und bereits verzinst auf anderem Wege – nämlich über das Amortisationskonto – erstattet bekommen.

5. Ausgleichsmechanismus zwischen den Kernnetzbetreibern

WANDA sieht zudem einen Ausgleichsmechanismus zwischen den Kernnetzbetreibern vor. Dieser geht auf den Umstand zurück, dass das einheitliche distanzunabhängige Netzentgelt – ob während oder nach der Amortisationsphase – nicht „treffsicher“ die betriebsnotwendigen Netzkosten eines jeden Kernnetzbetreibers abbildet; teilweise wird das Netzentgelt darunter, teilweise darüber liegen. Der Ausgleichsmechanismus soll sicherstellen, dass jeder Kernnetzbetreiber seine betriebsnotwendigen Netzkosten grundsätzlich decken kann. Jeder Kernnetzbetreiber soll den Anteil an den (Gesamt-)Erlösen aus dem Wasserstoff-Kernnetz erhalten, der seinem Anteil an den (Gesamt-)Kosten entspricht.

6. Modifikationen von EnWG und WasserstoffNEV

Auf die Netzentgelte für das Wasserstoff-Kernnetz finden neben denen des EnWG grundsätzlich auch die Vorschriften der WasserstoffNEV Anwendung. Diese passen aber teilweise nur bedingt auf die Besonderheiten des Wasserstoff-Kernnetzes. Daher hat sich die Bundesnetzagentur entschlossen, insoweit Modifikationen vorzunehmen. Dies betrifft a) die Netzentgeltbildung in § 2 WasserstoffNEV, b) die Nutzungsdauer für die Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibung in § 8 Abs. 4 WasserstoffNEV, c) die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung, für die § 10 Abs. 3 WasserstoffNEV Anwendung findet und nicht der Eigenkapitalzinssatz in § 28r Abs. 1 Satz 7 EnWG, d) die kostenmindernden Erlöse in § 12 WasserstoffNEV, e) die nachträgliche Berücksichtigung von Aufwendungen, die vor dem ersten Kalenderjahr entstanden sind, für das betriebsnotwendige Netzkosten genehmigt werden, f) den Plan-Ist-Kosten-Abgleich in § 14  WasserstoffNEV sowie g) außerplanmäßige Abschreibungen.

Dr. Reinald Günther

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