Weltweite Geltung von Transparenzregisterpflichten für ausländische Unternehmensgruppen mit Immobilieneigentum in Deutschland
Ausländische Gesellschaften, die unmittelbar oder über Tochtergesellschaften Immobilieneigentum in Deutschland halten oder erwerben, müssen ihre wirtschaftlich Berechtigten dem deutschen Transparenzregister mitteilen. Nach aktuellen Hinweisen des zuständigen Bundesverwaltungsamts gilt dies für alle ausländischen Gesellschaften einer Beteiligungskette.
Hintergrund
Zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wurde im Zuge der Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie in Deutschland das elektronische Transparenzregister eingeführt. Dieses enthält persönliche Angaben (z.B. Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort und Staatsangehörigkeit) zu den so genannten wirtschaftlich Berechtigten, also denjenigen natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine Gesellschaft oder Rechtsgestaltung letztlich steht. Seit der Umstellung des deutschen Transparenzregisters auf ein so genanntes Vollregister zum 1. August 2021 besteht für nahezu sämtliche Gesellschaften und Rechtsgestaltungen mit Sitz in Deutschland die bußgeldbewehrte Pflicht, Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten einzuholen und dem Bundesanzeiger Verlag als registerführender Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen (vgl. zuletzt Newsletter vom 28. März 2023).
Mitteilungspflichten ausländischer Rechtseinheiten für Neuerwerbsfälle
Mit dem Ziel, die Transparenz in dem nach der nationalen Risikoanalyse des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) in Deutschland für Geldwäsche besonders anfälligen Immobilienbereich zu erhöhen, hat der deutsche Gesetzgeber bereits vor einiger Zeit Transparenzpflichten auch für ausländische Gesellschaften und andere Rechtsgestaltungen (auch etwa Trusts) eingeführt:
- Seit dem 1. Januar 2020 müssen Rechtseinheiten mit Sitz im Ausland ihren wirtschaftlich Berechtigten in das deutsche Transparenzregister eintragen, wenn sie sich verpflichten, Eigentum an einer in Deutschland gelegenen Immobilie zu erwerben (Immobiliendirekterwerb / Asset Deal).
- Seit dem 1. August 2021 gilt dies auch dann, wenn eine Immobilie in Deutschland im Wege eines Share Deals im Sinne des § 1 Abs. 3, 3a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) erworben wird. Eine Eintragungspflicht besteht daher, wenn mindestens 90 % der Anteile an einem Unternehmen mit einer deutschen Immobilie sich (unmittelbar oder mittelbar) bei der ausländischen Rechtseinheit vereinigen, auf sie übergehen oder die ausländische Rechtseinheit diese bereits innehat (Immobilien-Share Deal).
Erweiterung der Mitteilungspflichten ausländischer Gesellschaften auf Bestandsfälle
Die Mitteilungspflichten ausländischer Gesellschaften (aber auch etwa rechtsfähiger Stiftungen) in Neuerwerbsfällen wurden durch das zweite Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SDG II) mit Wirkung ab dem 28. Dezember 2022 auf Bestandsfälle ausgeweitet. Mit der Neuregelung besteht die Mitteilungspflicht daher auch dann, wenn
- der Immobilienerwerb vor dem 1. Januar 2020 oder
- der Anteilserwerb vor dem 1. August 2021
erfolgt ist, sofern die Immobilie bzw. Anteile am 28. Dezember 2022 noch im Eigentum des ausländischen Rechtsträgers waren. Für Trusts, nicht rechtsfähige Stiftungen und vergleichbare ausländische Rechtsgestaltungen gilt dies nicht unbedingt.
Konsequenzen für Unternehmensgruppen
Dies führt bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen nach der jetzt mitgeteilten, sehr weitreichenden Auffassung des zuständigen Bundesverwaltungsamts (BVA) zu Mitteilungspflichten für alle ausländischen Rechtseinheiten der Beteiligungskette, soweit sie jeweils (für sich betrachtet) unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 % der Anteile an einer Gesellschaft mit inländischem Immobilieneigentum halten. Eine Meldung der wirtschaftlich Berechtigten durch Rechtseinheiten auf einer unteren Ebene der Unternehmensgruppe hat keine befreiende Wirkung für Rechtseinheiten auf einer höheren Ebene.
Befreiung von Mitteilungspflicht bei Eintragung in anderes EU-Transparenzregister
Eine Ausnahme von der Mitteilungspflicht an das deutsche Transparenzregister besteht für solche ausländischen Rechtseinheiten, die ihre wirtschaftlich Berechtigten bereits an ein Transparenzregister eines anderen EU-Mitgliedstaats übermittelt haben. Dies ist jedoch nur der Fall, sofern sämtliche erforderlichen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten an das betreffende Transparenzregister gemeldet wurden, was – insbesondere bei abweichenden Vorgaben in dem EU-Mitgliedsstaat im Vergleich zu den deutschen Vorgaben – für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen ist.
Die Mitteilung von wirtschaftlich Berechtigten an Transparenzregister von Nicht-EU-Mitgliedstaaten reicht nicht aus, um von der Eintragungspflicht in Deutschland zu befreien.
Drohende Bußgelder und notarielles Beurkundungsverbot
Zur effektiven Durchsetzung der Transparenzpflichten sind Verstöße gegen die Mitteilungspflichten inländischer und ausländischer Rechtseinheiten Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbußen bis zu 150.000 EUR geahndet werden können. Dies gilt insbesondere für den Fall einer unterbliebenen, nicht rechtzeitigen, falschen oder unvollständigen Mitteilung an das Transparenzregister. Bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen können sogar Bußgelder bis zu 1 Million EUR und unter bestimmten Voraussetzungen sogar bis zu 5 Millionen Euro oder 10 % des Jahresgesamtumsatzes festgesetzt werden. Zusätzlich werden bestandskräftige und unanfechtbare Entscheidungen, unter Angabe der Ordnungswidrigkeit und die für die Zuwiderhandlung verantwortlichen natürlichen bzw. juristischen Personen oder Personenvereinigung für fünf Jahre auf der Internetseite des Bundesverwaltungsamts veröffentlicht (sog. Naming and Shaming).
Um darüberhinausgehend die Mitteilungspflichten gegenüber ausländischen Rechtseinheiten durchzusetzen, hat der deutsche Gesetzgeber zudem ein notarielles Beurkundungsverbot bei Immobilientransaktionen eingeführt. Danach sind Notare verpflichtet, die Beurkundung abzulehnen, wenn und solange die ausländische Rechtseinheit ihrer Mitteilungspflicht nicht nachkommt.
Übergangsfrist bis 30. Juni 2023 und Praxishinweise
Die nun mitgeteilte, sehr weitgehende Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsamts führt zu einem nicht unerheblichen Aufwand für ausländische Unternehmensgruppen mit Immobilieneigentum in Deutschland. Unter Umständen sind eine Vielzahl von Gesellschaften eintragungspflichtig, wobei in der Folge die Eintragungen bei Änderungen laufend zu aktualisieren sind.
Für die (neu eingeführte) Mitteilungspflicht zur Erfassung der Bestandsfälle hat der deutsche Gesetzgeber eine Übergangsfrist vorgesehen. Danach können die erforderlichen Eintragungen zum Transparenzregister noch bis spätestens zum 30. Juni 2023 nachgeholt werden. Für die bereits (seit längerem) bestehende Verpflichtung zur Eintragung der wirtschaftlich Berechtigten in Neuerwerbsfällen, also im Falle von Immobilienerwerben ab dem 1. Januar 2020 und Anteilserwerben ab dem 1. August 2021, gilt die Eintragungspflicht bereits uneingeschränkt. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf, um Bußgelder zu vermeiden.
Alle ausländischen Gesellschaften, die unmittelbar oder mittelbar Eigentum an Immobilien in Deutschland halten, sollten daher kurzfristig prüfen, ob eine Mitteilung ihrer wirtschaftlich Berechtigten an das deutsche Transparenzregister notwendig ist und, falls dies zutrifft, die notwendigen Eintragungen schnellstmöglich vornehmen. Für den Neuerwerb von Immobilien in Zukunft gilt dies ohnehin.