Medienrecht: Vorsicht bei Verträgen mit Agenturen und Fotografen
Das Landgericht Hamburg hat mit einem aktuellen Urteil die Möglichkeiten für Fotografen und Kreativagenturen gestärkt, für erneute Nutzungen von Lichtbildern und Gestaltungen bei ihren Aufträgen nachträglich noch ein zweites Mal abzukassieren. Bei der Vergabe von Aufträgen an Fotografen für die Anfertigung von Fotografien, z. B. für Unternehmensbroschüren und Webseiten, und bei der Vergabe von Aufträgen an Kreativagenturen für die Gestaltung von Webseiten usw. ist deshalb auch künftig große Aufmerksamkeit zu empfehlen.
Die 10. Zivilkammer (Urheberrechtskammer) des Landgerichts Hamburg hat in ihrem Urteil vom 11. Februar 2021 (Aktenzeichen: 310 O 346/19) der Klage eines auf Architektur-Fotografie spezialisierten Industrie- und Gebäudefotografen gegen die Muttergesellschaft eines Marken-Konzerns stattgegeben. Der Fotograf hatte einige Jahre zuvor einen Auftrag erhalten, Fotografien eines Neubaus einer Zweigstelle für dessen Einweihungsfeier für Unternehmensbroschüren, Internetauftritte und Medien zu erstellen. Eine Mitarbeiterin der Tochtergesellschaft des Konzerns, von der die Zweigstelle errichtet worden war, hatte bei den Gesprächen und der Mail-Korrespondenz zu dem Auftrag zwar stets die Marke des Konzerns (und der Tochtergesellschaft) erwähnt, dabei aber nicht ausdrücklich klargestellt, dass das Honorar auch die Nutzung der Fotografien z. B. in Geschäftsberichten oder Webauftritten auch der Muttergesellschaft, also des Konzerns insgesamt, abdecken und die Nutzungsrechte an den Fotografien auch insoweit übertragen werden sollten.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ist zwar zu Protokoll erklärt worden, dass der Fotograf die Bilddateien für die Übergabe sogar auf einen Server der Muttergesellschaft hochgeladen hatte. Dennoch ist das Gericht der Argumentation des klagenden Fotografen gefolgt und hat die Muttergesellschaft zur Unterlassung der weiteren Nutzung der Fotografien u. a. in Geschäftsberichten und Webauftritten sowie zu Schadensersatz verurteilt. Der Fotograf hatte im Prozess behauptet, er habe bei der Auftragserteilung nur an die Tochtergesellschaft des Konzerns gedacht. Die Richter sind vor diesem Hintergrund nach einer Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, die vom Fotografen verklagte Muttergesellschaft habe den ihr obliegenden Beweis nicht führen können, dass mit der Nennung der Marke des Konzerns in der Vertragskorrespondenz und den geführten Gesprächen nicht nur die Tochtergesellschaft, sondern der Konzern insgesamt gemeint gewesen sein sollte.
Die Urheberrechtskammer des Landgerichts Hamburg ist mit dieser Entscheidung, die sich unter den professionellen Fotografen und Kreativagenturen bereits herumspricht, ihrer schon in der Vergangenheit regelmäßig urheberfreundlichen Linie gefolgt, alle Verwertungs- und Nutzungsrechte, die mit einem Auftrag nicht ausdrücklich und erkennbar auf einen Nutzer übertragen werden, beim Urheber zu belassen. Spätere, auch tatsächlich gutgläubige Nutzungen solcher nicht mit übertragenen Nutzungsrechte durch die Auftraggeber oder, wie hier, durch Dritte (auch Konzerngesellschaften), werden vom Gericht daher als rechtswidrige und zum Schadensersatz verpflichtende Nutzungen eingestuft.
Für Unternehmen und ihre Marketingabteilungen stellt das Urteil gerade in Zeiten der mittels E-Mails, Textnachrichten und Videokonferenzen zunehmend weniger förmlich werdenden Vertragskorrespondenz eine Mahnung dar: Bei jeder Auftragsvergabe für Kreativleistungen gleich welcher Art ist tunlichst darauf zu achten, dass insbesondere der Kreis der Nutzungsberechtigten, die Nutzungsarten und die Nutzungsdauer an irgendeiner Stelle der Vertragskorrespondenz möglichst umfassend und unmissverständlich dokumentiert werden. Das kann durchaus auch in Form einer E-Mail geschehen, die anschließend z. B. vom Fotografen bestätigt wird. Wichtig ist nur, dass der Umfang der Nutzungsrechte sowohl persönlich, als auch inhaltlich und zeitlich rechtzeitig vom Auftraggeber klargestellt wird.
Dr. Walter Scheuerl, Rechtsanwalt
Hamburg